Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung

Allgemeines

Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn ein Unternehmen (Besitzunternehmen) eine wesentliche Betriebsgrundlage an eine gewerblich tätige Personen- oder Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) zur Nutzung überlässt (sachliche Verflechtung) und eine Person oder mehrere Personen zusammen (Personengruppe) sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen in dem Sinne beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen (personelle Verflechtung). Liegen die Voraussetzungen einer personellen und sachlichen Verflechtung vor, ist die Vermietung oder Verpachtung keine Vermögensverwaltung mehr, sondern eine gewerbliche Vermietung oder Verpachtung. Das Besitzunternehmen ist Gewerbebetrieb (>BFH vom 12.11.1985 – BStBl 1986 II S. 296).

Sachliche Verflechtung

Für den Beginn der sachlichen Verflechtung ist allein die tatsächliche Überlassung von wesentlichen Betriebsgrundlagen zur Nutzung ausschlaggebend. Es ist ohne Bedeutung, ob die Überlassung (zunächst) unentgeltlich erfolgt oder ob sie auf einer schuldrechtlichen oder dinglichen Grundlage beruht (>BFH vom 12.12.2007 – BStBl 2008 II S. 579).

Wesentliche Betriebsgrundlage

Wesentliche Grundlagen eines Betriebs sind Wirtschaftsgüter vor allem des Anlagevermögens, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung bei dem Betriebsunternehmen haben (>BFH vom 26.1.1989 – BStBl II S. 455 und vom 24.8.1989 – BStBl II S. 1014). Es erfolgt somit lediglich eine funktionale Betrachtung.
Die sachlichen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung liegen auch dann vor, wenn das überlassene Wirtschaftsgut bei dem Betriebsunternehmen nur eine der wesentlichen Betriebsgrundlagen darstellt (>BFH vom 21.5.1974 – BStBl II S. 613).

Beispiele und Hinweise:

Büro-/Verwaltungsgebäude

Ein Büro- und Verwaltungsgebäude ist jedenfalls dann eine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit des Betriebsunternehmens bildet (>BFH vom 23.5.2000 – BStBl II S. 621).

Einfamilienhaus

Als einziges Büro (Sitz der Geschäftsleitung) genutzte Räume in einem Einfamilienhaus stellen auch dann eine wesentliche Betriebsgrundlage dar, wenn sie nicht für Zwecke des Betriebsunternehmens besonders hergerichtet und gestaltet sind. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Gebäudeteil nicht die in § 8 EStDV genannten Grenzen unterschreitet (>BFH vom 13.7.2006 – BStBl II S. 804).

Ersetzbarkeit

Ein Grundstück ist auch dann eine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn das Betriebsunternehmen jederzeit am Markt ein für seine Belange gleichwertiges Grundstück mieten oder kaufen kann (>BFH vom 26.5.1993 – BStBl II S. 718).

Eigentum des Besitzunternehmens

Eine sachliche Verflechtung ist auch dann gegeben, wenn verpachtete wesentliche Betriebsgrundlagen nicht im Eigentum des Besitzunternehmens stehen (>BFH vom 12.10.1988 – BStBl 1989 II S. 152).

Leihe

Auch eine leihweise Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen kann eine Betriebsaufspaltung begründen (>BFH vom 24.4.1991 – BStBl II S. 713).

Personelle Verflechtung

Eine personelle Verflechtung liegt vor, wenn die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben (>BFH vom 8.11.1971 – BStBl 1972 II S. 63).

Formen der Betriebsaufspaltung

Klassischerweise handelt es sich bei dem Besitzunternehmen um ein Einzelunternehmen und bei dem Betriebsunternehmen um eine Kapitalgesellschaft (GmbH).

Falls beide Unternehmen als Personengesellschaften gestaltet wurden, liegt eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung vor.

Bei einer Betriebsaufspaltung zwischen zwei Kapitalgesellschaften wird von einer kapitalistischen Betriebsaufspaltung gesprochen.

Mischformen sind möglich.

Konsequenzen einer Betriebsaufspaltung

Eine Betriebsaufspaltung bietet Chancen, beherbergt aber auch Risiken. Insbesondere liegen die Folgenden Konsequenzen vor:

  • Die gestalterische Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Unternehmens in zwei rechtlich selbständige Unternehmungen, bietet die große Chance persönliche Haftungsrisiken z.B. auf eine eigens hierfür gegründete Kapitalgesellschaft auszugliedern.
  • Je nach Rechtsform der Betriebsgesellschaft liegen zwei eigenständige Gewerbesteuerfreibeträge vor.
  • Die Gewerbesteuer wird (anteilig) auf die Einkommensteuer angerechnet, soweit das Besitzunternehmen als Einzelunternehmen oder Personengesellschaft gestaltet wird, vgl. § 35 EStG.
  • Der Arbeitslohn eines Gesellschafter-Geschäftsführers stellt Lohnaufwand bei der Betriebskapitalgesellschaft dar. Der Lohnaufwand mindert folglich die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer soweit der Anstellungsvertrag dem Fremdvergleich standhält.
  • Die Anteile an der Betriebsgesellschaft werden notweniges Betriebsvermögen in der Besitzgesellschaft.
  • offene und verdeckte Gewinnausschüttungen einer Betriebskapitalgesellschaft unterliegen dem Teileinkünfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 lit. d i.V.m. § 3c (2) EStG.
  • Umsatzsteuerrechtlich liegt in der Regel eine umsatzsteuerliche Organschaft gem. § 2 (2) Nr. 2 UStG vor, wenn die Betriebskapitalgesellschaft (Organgesellschaft) finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen der Besitzgesellschaft (Organträger) eingegliedert ist. Umsätze im Organkreis sind nicht steuerbare Innenumsätze. Optimierte Vorsteuergestaltungen sind ggfls. möglich.
  • Es erfolgt eine Umqualifizierung der Einkünfte. Vermietungseinküfte werden aufgrund der Subisidiartätsklausel des § 21 Abs. 3 EStG zu gewerblichen Einkünften.
  • Aufgrund der Abfärbetheorie des § 15 Abs. 3 EStG werden sämtliche Einkünfte – auch wenn diese nicht mit der Vermietung an die Betriebsgesellschaft im Zusammenhang stehen – zu gewerblichen Einkünften, die ggfls. auch der Gewerbesteuer unterliegen.
  • Der Wegfall der personellen oder sachlichen Verflechtung führt in der Regel zu einer Betriebsaufgabe i.S.d. § 16 Abs. 3 EStG. Somit sind sämtliche stille Reserven (begünstigt) zu versteuern, soweit eine gewerbliche Fortführung des Besitzunternehms nicht mehr möglich ist.

Fazit

Häufig ist eine Aufspaltung und der damit zusätzlich erforderliche Aufwand nicht notwendig oder sinnvoll und sollte daher vermieden werden.

Zum Beispiel können Stimmrechte im Hinblick auf die gewollte Vermeidung einer personellen Verflechtung im Vorhinein umverteilt werden oder Gestaltungen gewählt werden, die zu keinem einheitlichen Betätigungswillen führen (z.B. Wiesbadener Modell).

Eine Betriebsaufspaltung kann jedoch in gestaltungstechnischer Hinsicht für die Unternehmung auch von Vorteil sein.

Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung müssen dann stets geprüft werden, damit die ungewollte Aufdeckung aller stillen Reserven nicht eintritt.

Aufgrund der Komplexität der ergangenen Rechtsprechung sollte eine Betriebsaufspaltung nur im Einvernehmen mit einem Steuerberater durchgeführt werden, da die steuerrechtlichen Konsequenzen für Unternehmer / Unternehmen in der Regel nicht überschaubar sind.

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