Möglichkeiten der Gewinnermittlung für Gewerbetreibende und Freiberufler

Das Wahlrecht: Bilanzierung oder Überschussermittlung

Gewerbetreibende, die nicht im Handelsregister eingetragene Kaufleute nach dem HGB sind und deren Umsatz 600.000,- € oder deren Gewinn 60.000,- € nicht übersteigt, können als Gewinnermittlungsart statt der Bilanzierung die Überschussermittlung (§ 4 III ESTG) wählen. Freiberufler haben generell dieses Wahlrecht.

Unterschiede zwischen der Überschussermittlung (§ 4 III ESTG) und der Bilanzierung (§ 4 I bzw. § 5 I ESTG)

Im Gegensatz zur Bilanzierung wird bei der Überschussermittlung (§ 4 III ESTG) der steuerpflichtige Gewinn durch eine Gegenüberstellung von Einzahlungen und Auszahlungen ermittelt. Bei der Bilanzierung werden Erträge und Aufwendungen unabhängig vom Zahlungszeitpunkt (d.h. bei Lieferung bzw. Leistungserfüllung) berücksichtigt.

  • Ausgaben und Einnahmen werden erst dann steuerlich relevant, wenn sie gezahlt sind;
  • Änderungen im nicht liquiden Betriebsvermögen (etwa bei den Waren) werden steuerlich nicht erfasst;
  • Die Überschussermittlung (§ 4 III ESTG) kennt keine periodengerechten Erfolgsabgrenzungen. Demnach gibt es keine Forderungen, Verbindlichkeiten, Rechnungsabgrenzungsposten oder Rückstellungen. Lediglich die Vorschriften über die Abschreibungen des Anlagevermögens sind auch bei der Überschussermittlung zu befolgen.

Vor- und Nachteile der Überschussermittlung

Vorteile:

  • Sie ist einfacher. Sie verlangt keine jährlichen Bestandsaufnahmen, unterliegt nicht den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung. Es bestehen keine Aufzeichnungspflichten. Eine Zusammenstellung der Belege über die Einnahmen und Ausgaben ist ausreichend.
  • Sie schont die Liquidität. So ist ein steuerlicher Gewinn erst dann entstanden, wenn der Kunde gezahlt hat. Es sind daher keine Steuern auf Erträge zu zahlen, die noch nicht geflossen sind. Im Gegenzug mindern allerdings Aufwendungen den steuerlichen Gewinn erst zum Zahlungszeitpunkt. Besonders wichtig: Auch die Umsatzsteuer entsteht erst, wenn das Geld vereinnahmt ist. Eine Zwischenfinanzierung der Umsatzsteuer, die besonders bei schlechter Zahlungsmoral der Kundschaft teuer sein kann, entfällt.
  • Die Steuerberatungskosten sind niedriger.

Nachteile:

  • Bilanzpolitische Maßnahmen sind ausgeschlossen.
  • Die Möglichkeit der Bildung stiller Reserven ist beschränkt.
  • Da die Überschussermittlung (§ 4 III ESTG) weder Verbindlichkeiten noch Rückstellungen kennt, kann es zu Besteuerung von „Gewinnen“ kommen, die zur Deckung künftiger Ausgaben benötigt werden.
  • Eine steuerliche Gewinnverlagerung ist weitgehend ausgeschlossen.
  • Die Zulassung von gewillkürten Betriebsvermögen ist strittig. So war die betriebliche Zuordnung von Wirtschaftsgütern (z.B. PKW), deren betriebliche Nutzung unter 50 % liegt, bei der Überschussermittlung nicht zugelassen. Erst ein jüngeres Finanzgerichtsurteil entschied anders.

Steuerliche Auswirkungen:

Beide Gewinnermittlungsarten müssen auf die gesamte Lebenszeit des Unternehmens gesehen den gleichen Totalgewinn ergeben. Dies wird dadurch gewährleistet, dass spätestens bei der Betriebsaufgabe oder -veräußerung ein Übergang von der Überschussermittlung (§ 4 III ESTG) zur Bilanzierung erfolgen muss. Bis dahin kann es zu unterschiedlichen Gewinnerzielungszeitpunkten kommen, die wegen des progressiven Steuersatzes und des sich ständig ändernden Steuerrechts zu unterschiedlichen Steuerbelastungen führen können.

Die Vorteilhaftigkeit hängt von den individuellen Gegebenheiten Ihres Unternehmens ab.

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